Leserbrief «Für Frauen hat sich die Sicherheit im öffentlichen Raum verschlechtert», NZZ am 16. Juni 2018

Leserbrief «Für Frauen hat sich die Sicherheit im öffentlichen Raum verschlechtert», NZZ am 16. Juni 2018 In einem Interview vom 16.6. gab die Ethnologin Susanne Schröter einen, wie es die NZZ formulierte, kritischen Beitrag zur Migrationsdebatte. Wir würden es begrüßen, wenn die NZZ – sowie andere deutschsprachige Medien – auch anderen ethnologischen Perspektiven auf die Thematik Raum gäbe.

Leserbrief

«Für Frauen hat sich die Sicherheit im öffentlichen Raum verschlechtert», NZZ am 16. Juni 2018

In einem Interview vom 16.6. gab die Ethnologin Susanne Schröter einen, wie es die NZZ formulierte, kritischen Beitrag zur Migrationsdebatte. Wir würden es begrüßen, wenn die NZZ – sowie andere deutschsprachige Medien – auch anderen ethnologischen Perspektiven auf die Thematik Raum gäbe.

Beispielsweise wird der Kulturbegriff in der Ethnologie nun seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. So wurde darauf hingewiesen, dass der Begriff „Kultur“ oft komplexe Machtbeziehungen verschleiert, die innerhalb sowie zwischen Gesellschaften am Werke sind. Oder dass die Annahme, Kultur bestimme unweigerlich das menschliche Verhalten, zwar für die eigene Gesellschaft hinterfragt, aber für andere Gesellschaften oder Personengruppen als gegeben betrachtet wird. Außerdem stellt eine ethnologische Kritik heraus, dass der Kulturbegriff selbst Teil, wenn nicht sogar Instrument von Machtbeziehungen ist und dass die damit verbundenen kulturalistischen Vorstellungen zu den nachhaltigsten Auswüchsen europäischer Kolonialgeschichte überhaupt gehören. Kaum ein Fach dürfte daher sensibler reagieren, wenn es um den Versuch der Definition großkultureller Einheiten geht oder darum, menschliches Verhalten primär mit kulturellen Werten zu erklären.

Die Ethnologie bietet in der Regel keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme. Dennoch dürften die Ergebnisse der umfassenden und differenzierten ethnologischen Forschung zu islamischen Gesellschaften, Migration und Integration für die allgemeine Öffentlichkeit interessant sein.

Dr. Katharina Bodirsky und Dr. Mirco Göpfert, Konstanz